20.10.2025

Das war Jazz&TheCitysounds 2025

Vier Tage Jazz, Global Groove und Eletronic Music und vieles mehr in Salzburg

Das Festival Jazz&TheCitysounds, das vom 16. bis 19. Oktober 2025 bei angenehmen Herbsttemperaturen und bester Stimmung vielerorts in der Altstadt Salzburg über die Bühne ging, war ein Musik- und Performance-Festival des großen Miteinanders, der außergewöhnlichen Begegnungen und der besonderen Vibes für das enthusiastische Publikum wie auch für die rund 120 nationalen und internationalen Musiker:innen und Künstler:innen diverser Genres. Rund 60 Veranstaltungen an 20 Locations begeisterten vier Tage lang rund 25.000 Besucher:innen. Das vom Altstadtverband Salzburg alljährlich veranstaltete Festival für Jazz, Global Groove, Electronic Music und Improvisation schafft bei kostenfreiem Eintritt attraktive Anreize für Einheimische, kulturaffine Tagestourist:innen oder Wochenendgäste, die Stadt Salzburg zu besuchen.

The city sounds together – die Altstadt Salzburg pulsierte vier Tage lang

Schon der erste Tag brachte Überraschendes: Nicht ein internationaler Act, sondern der erfolgreiche österreichische Pianist David Helbock eröffnete den Festival-Reigen mit seinem Trio Random/Control und Filippa Gojo. "Wir wollten ein klares Zeichen an die heimische Jazzszene senden, dass wir sie ernst nehmen und um ihre herausragende Qualität wissen", sagte Jazz&TheCitysounds-Programmkoordinator Markus Deisenberger. Die Rechnung ging auch aus künstlerischer Sicht voll auf: Der wilde Mix aus Helbocks herausragendem Klavierspiel, vertonten Gedichten von u.a. Emily Dickinson und Erich Fried, Alphorn, Tuba und jeder Menge anderer Instrumente riss die Besucher:innen zu Standing Ovations hin. Ein vielumjubelter Auftakt, dem einer der wohl interessantesten Auftritte des Festivals folgen sollte. Das marokkanisch-tunesische Duo Aïta Mon Amour bewies eindrucksvoll, dass sich jahrhundertealte marokkanische Gedichte mit wummernden Elektro-Beats brachial und emotional aufladen lassen. An Acts wie diesem oder dem vielbejubelten italienischen Duo Hiram Salsano lässt sich die Handschrift von Katrin Pröll erkennen, die als Spezialistin für World Music Teil des neuen Kurator:innen-Teams ist.

Während in der SZENE Salzburg noch gejubelt wurde, bewiesen die Schweizer Pianistin Sylvie Courvoisier und die mexikanisch-amerikanische Vibraphonistin Patricia Brennan in der Kollegienkirche bereits, warum sie gefeierte Stars der zeitgenössischen improvisierten Musik sind. Eine hochkonzentrierte Begegnung zwischen Virtuosität und Intimität war das. Die beiden zeigten sich dabei auch beeindruckt von der Spielstätte. "Ich weiß nicht, ob wir jemals an einem schöneren Ort gespielt haben", verkündete Brennan nach dem Konzert sichtlich berührt. Ein Ort, der vor allem bei den Solo-Konzerten toll zur Geltung kam. Die Programmreihe "The Art of Solo" brachte mit Musiker:innen wie unter anderem der Klarinettistin Anna Koch, der Kanun-Spielerin Sofia Labrapoulou, dem Pianisten Georg Vogel und der Singer-Songwriterin Maiija Darbietungen in die Kirche, die unterschiedlicher nicht sein konnten, aber doch eines gemeinsam hatten: Herausragende Qualität.

Apropos Qualität: Die auf dem berühmten Label ECM veröffentlichende Gitarristin Zsófia Boros verfügt über eine ganz besondere Gabe. Bei Jazz&TheCitysounds schaffte sie es, innerhalb weniger Sekunden, einen gerade noch lauten und unruhigen Raum in andachtsvolle Stille zu überführen. Schon nach wenigen Takten ihres Spiels, das sie gleich an zwei aufeinanderfolgenden Konzerten zeigen durfte, konnte man eine Stecknadel fallen hören. "Diese Akustik ist irre", brachte es dann auch der deutsche Pianist Malakoff Kowalski bei seinem gemeinsamen Auftritt mit der Pianistin Johanna Summer in der Kollegienkirche auf den Punkt. Die beiden zeigten, dass Klavierminiaturen großer Meister wie Schumann oder Ravel, wenn man sie mit Texten des Beat-Poeten Allen Ginsberg versieht, eine ganz eigene, fast schon "Tom Waitssche" Qualität - wie es Kowalski nannte - entwickeln. Einer von vielen heimlichen Höhepunkten des Festivals.
Dabei ist die Kollegienkirche bei weitem nicht die einzige Festival-Location mit besonderen Qualitäten: Auch die Prunkräume des DomQuartiers, wo schon die Fürsterzbischöfe rauschende Feste feierten, eignen sich bestens für Konzerte, und brachten so unterschiedliche Acts wie Herbert/Vedovelli/Glüxam (Bass-Gipfeltreffen), HILDE (kammermusikalischer Pop) und Zençir (osmanische Instrumentalmusik) auf die Bühne. "Wir haben in diesem tollen Raum gebadet", strahlte Marie Daniels von HILDE nach ihrem Konzert. Auch eine Urlauberin aus Amsterdam zeigte sich begeistert. "Ich habe heute schon vier Instrumente erlebt, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gibt", sagte sie und spielte damit u.a. auf Labrapoulous Kanun und die E-Zither von Fabian Schumann an. Ein eigens von Star-Geiger Benjamin Schmid kuratierter, dem Klassik-Jazz-Crossover gewidmeter Abend ergänzte diese bunte Vielfalt.

Groove und Gänsehautmomente bei Jazz&TheCitysounds
Der Freitag brachte einen besonderen Gänsehautmoment: Im arthotel Blauen Gans in der Getreidegasse hatten sich einige Musiker:innen im Weinarchiv zur späten Impro-Session verabredet. So weit so gut. Dass sie beim Abendessen auf Ben LaMar Gay und Band treffen würden, die spontan mitkamen, um gemeinsame Sache zu machen, war allerdings nicht vorhersehbar. Die Chicagoer Szene traf so auf österreichische und deutsche Musiker:innen und gipfelte dabei in einem fast schon wehmütigen Finale Furioso.
Die in Salzburg lebende Musiker:in Pilmaiquén präsentierte in einer Premiere in der SZENE Salzburg ihre Jazz-Dance Performance Ciclos. Abermals unter Standing Ovations.
Die kolumbianische Formation Pambele tat am späteren Abend auf dem Residenzplatz genau das, was man tun muss, wenn die Temperaturen fallen: Sie heizte der Menge mit ihrer wilden Mischung aus afro-kolumbianischen Rhythmen und 60´s Psychedelik gehörig ein. Genau da setzte auch die Crew des DJ-Kollektivs Club Analog an, die die Party-Crowd nach vielumjubelten Gigs von Romed Hopfgartner und Rachel Eckroth mit Soul, Funk und Rare Groove bis in die frühen Morgenstunden zum Tanzen brachte.

Der Samstag stand in der SZENE Salzburg ganz im Zeichen des Groove. Den Anfang machte der israelische Bassist Adam Ben Ezra mit einem vielumjubelten Auftritt, der zeigte, dass er zur Weltspitze der Bassisten gehört. Danach gab es Techno-Jazz, rein akustisch erzeugt. "LBT können auch ein Jazz-Set spielen", betonte Jakob Flarer, Teil des künstlerischen Jazz&TheCity-Teams, in seinen einleitenden Worten. Ja, hätten sie können. Wollten sie aber nicht. Stattdessen spielten sie mit Schlagzeug, Klavier und Kontrabass ein kristallines Techno-Set, das die Leute von den Sitzen riss und wie bei einem Clubbing tanzen ließ.
Aber was wäre ein Musikfestival ohne Beschwerden? Der deutsche Elektronikmusiker Jan Jelinek beschwerte sich, kurz bevor er in der Kollegienkirche auf die Bühne ging, über die Spielzeit. "Ich hätte so gerne Fred Frith gesehen", sagte er. Das ging nicht, da der Impro-Star um die gleiche Zeit wie er im Salzburger Marionettentheater auftrat.

Genau dort wurde Jazz&TheCitysounds 2025 am Sonntag beschlossen. Mit David Helbock und Julia Hofer im Duo, die ihr von der Kritik hochgelobtes gemeinsames Album "Faces of Night" vorstellten. UK Jazz News nannte es "soulful" und "full of dance and fun" - Vorschusslorbeeren, denen sie mit ihrem Auftritt im Salzburger Marionettentheater mehr als gerecht wurden. Danach kam der wirklich letzte Act des prallen Programms: Muriel Grossmann mit ihrem Quartett. "Wir wollten Geschichten erzählen" sagte Programmkoordinator Markus Deisenberger in seiner einleitenden Moderation. "Eine davon war die des Spiritual Jazz" - ein Programmschwerpunkt, der nicht nur Stars wie Ben LaMar Gay und James Brandon Lewis nach Salzburg brachte, sondern am Abschlusstag auch in einer Jazz-Messe gipfelte und zeigte, wo der Jazz herkommt: Aus der in Kirchen gefeierten spirituellen Andacht. "Was aber wäre ein spiritueller Schwerpunkt ohne die Vertreterin des spirituellen Jazz gewesen?" fragte Deisenberger. Der berühmte englische DJ und Radiomacher Gilles Peterson ist Muriel Grossmanns größter Fan, und sie spielt auf der ganzen Welt. Hierzulande wird der auf Ibiza lebenden Saxophonistin unverständlicherweise noch nicht die Ehre zuteil, die ihr gebühren würde. Das könnte der Auftritt, den sie Sonntagnachmittag im Marionettentheater hinlegte, schlagartig ändern: "Das war wie Weihnachten", meinte eine Besucherin später im Foyer, wo DJ Fresh Herbs noch einmal Platten auflegte, um das Festival bei dem einen oder anderen Glas Wein ausklingen zu lassen.

"Die Weiterentwicklung des Festivals Jazz&TheCitysounds ist mehr als gelungen", zeigte sich Roland Aigner, Geschäftsführer des Altstadtverbandes Salzburg zufrieden. "Die Stadt präsentierte sich vielfältig und progressiv." Rechnet man das Pre-Opening dazu, das schon am Mittwoch, einen Tag vor der offiziellen Eröffnung Jazz und Global Groove in ausgesuchten Gasthäusern und Bars präsentierte, und das Aigner unbedingt beibehalten will, mitzählt, waren es erstmals sogar fünf außergewöhnliche, musikalische Stadterlebnistage inmitten der Altstadt Salzburg.

Bilder

Kontakt