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Thomas Bernhard in Salzburg

Thomas Bernhards Bücher wurden in 40 Sprachen übersetzt, er zählt zu den meistgelesenen Autoren deutscher Sprache. Von seinen Stücken laufen - weltweit - pro Spielzeit 20 bis 30 Produktionen. Am 12. Februar 2018 jährt sich sein Todestag zum 29. Mal. Das Verhältnis des wortgewaltigen Schriftstellers zu Salzburg - der Stadt, in der er den Großteil seiner Jugend verbrachte - war ein zwiespältiges. In seiner fünfteiligen Autobiografie, die sich im Spannungsfeld von Realität und Fiktion bewegt, beschreibt Thomas Bernhard sein Lebensgefühl in einem ihm feindlich erscheinenden Biotop.
"Die Schönheit dieses Ortes und dieser Landschaft, von welcher alle Welt spricht, und zwar fortwährend und immer nur auf die gedankenloseste Weise und in tatsächlich unerlaubtem Tone, ist genau jenes tödliche Element auf diesem tödlichen Boden, hier werden die Menschen, die an diese Stadt und an diese Landschaft durch Geburt oder auf eine andere radikale unverschuldete Weise gebunden und mit Naturgewalt daran gekettet sind, fortwährend von dieser weltberühmten Schönheit erdrückt." (aus: Thomas Bernhard, Die Ursache, eine Andeutung, 1975)

Thomas Bernhard über Salzburg

Für Thomas Bernhard war Salzburg immer wieder Thema, allerdings nicht oft im Positiven. Teils in unversöhnlichen Urteilen zeichnet der Autor Salzburg als dumpfen Ort, der alles Schöpferische einschränkt und erstickt. Katholizismus, Bourgeoisie und Wohlhabenheit, die aus seiner Sicht das Leben hier beherrschten, schienen ihm widerwärtig, er selbst ein wütender Außenseiter. Die Abneigung gegen die Stadt und ihre Bewohner schlug hin und wieder aber auch um:
"Die Hässlichkeit und der Verfall aber, rasch fortgeschritten in dieser nicht nur von Bombenangriffen und ihren Folgen verunstalteten Stadt, sondern auch durch die über sie herfallenden schließlich Tausende von Flüchtlingen in eine durch und durch chaotische verwandelt, gaben ihr auf einmal menschliche Züge, und so habe ich diese meine Heimatstadt nur in dieser Zeit, weder vorher noch nachher, tatsächlich inständig lieben können und auch inständig geliebt." (aus: Thomas Bernhard, Die Ursache, eine Andeutung, 1975)
Die Zeilen in ihrer neuen und drastischen Aktualität machen nachdenklich.

Sein Leben

Thomas Bernhard wurde 1931 in einem Heim für ledige Mütter in den Niederlanden geboren, wohin seine Mutter geflüchtet war, um der „Schande“ in Österreich zu entgehen. Seinen Vater hat er nie kennengelernt, er verbrachte seine Kinderjahre bei den Eltern der Mutter Herta. Prägende Bezugsperson seiner Kindheit war der Großvater Johannes Freumbichler,  Heimatdichter in Henndorf und später in Seekirchen am Wallersee. In Gesellschaft des verehrten Großvaters sah der Bub seine Kindheit im Salzburger Land als "Paradies". Lange sollte das Idyll nicht währen - 1941 wurde Thomas in ein Heim für schwer erziehbare Kinder in Saalfeld in Thüringen gebracht.
1943 entschloss sich die Familie, den Zwölfjährigen in ein nationalsozialistisch geführtes Internat in der Salzburger Schrannengasse zu geben, das von Sommer 1945 an als kirchliches Gymnasium Johanneum geführt wurde. Zeiten beklemmender Erfahrungen, die Thomas Bernhards Meinung von Salzburg als "Todesboden" prägen sollten. Traumatisiert von repressiver Erziehung zwischen Kreuz und Hakenkreuz.
1947 brach der Schüler Thomas mit 16 Jahren das Gymnasium, seine "Geistesvernichtungsanstalt",  ab und begann eine Lehre beim Lebensmittelhändler Podlaha in der  proletarischen Scherzhauserfeldsiedlung in Lehen. In den feuchtkalten Lagerräumen zog sich der junge Mann 1949 eine schwere Rippenfellentzündung zu und erkrankte in der Folge an Lungentuberkulose, die nie mehr ganz ausheilen sollte. Bis 1951 musste er sich in der Lungenheilanstalt Grafenhof in St. Veit im Pongau aufhalten, wo erste schriftstellerischen Versuche entstanden.

Seine berufliche Laufbahn

Nach seiner Genesung schlug er sich als Gerichtssaal-Reporter, Journalist und Kritiker durch. Von 1955 bis 1957 studierte er am Mozarteum in Salzburg Gesang, Dramaturgie und Schauspielkunst, bis er einsehen musste, dass seine Lungenkrankheit eine Ausbildung zum Sänger unmöglich machte. Dennoch behielt er sein Leben lang einen ganz besonderen Zugang zur Musik.
1957 erschien im hiesigen Otto Müller Verlag Thomas Bernhards erster Gedichtband Auf der Erde und in der Hölle. Eine beispiellose Karriere begann. Österreichisches Phänomen, polarisierender Kritiker, gnadenloser Provokateur, Klassiker der Weltliteratur und international renommierter Dramatiker - sein Ruhm ist auch heute ungebrochen.

Thomas Bernhard und die Salzburger Festspiele

Thomas Bernhard und die Salzburger Festspiele, das ist eine Geschichte öffentlicher Erregungen, Eklats und Spektakel, aber auch mitreißender Inszenierungen. Mit fünf Uraufführungen wurde Thomas Bernhard zum meist gespielten und ebenso umstrittenen Autor der Festspiele nach 1945. Ein sechstes, sein erstes abendfüllendes Stück, kam 2007 zur verspäteten Aufführung.
Mit dem „Notlicht-Skandal“ löste Thomas Bernhard 1972 bei den Salzburger Festspielen nachhaltigen Wirbel aus und schrieb Theatergeschichte. Claus Peymann, der die Uraufführung von Bernhards Stück Der Ignorant und der Wahnsinnige inszenierte, bestand darauf, dass die Aufführung in absoluter Finsternis – auch ohne das gesetzlich vorgeschriebene Notlicht – enden sollte. Als das von der Feuerpolizei nicht genehmigt wurde, ließ Thomas Bernhard alle Vorstellungen absagen. Weil „eine Gesellschaft, die zwei Minuten Finsternis nicht verträgt, auch ohne mein Schauspiel auskommt“.

Das offizielle Salzburg hat - trotz schwerer Irritationen und Verstimmungen zu seinen Lebzeiten - nach dem Tod Thomas Bernhards am 12. Februar 1989 allmählich seinen Frieden mit dem  Künstler gemacht. Initiativen und Veranstaltungen arbeiten die Beziehung von Österreichs bestgehassten und berühmtesten Schriftstellers und Dramatikers zu Salzburg und den Salzburgern auf.
Im vergangenen Jahr 2017 hat Manfred Mittermayer, Literaturwissenschafter und Experte für das Oeuvre Thomas Bernhards umd Verfasser einer umfangreichen Biografie, den Band Das Salzburg des Thomas Bernhard veröffentlicht. Ein Must für alle, die sich für die Lebensgeschichte des Dichters interessieren.

Literaturfest in Goldegg

Im Jahr 1967 erschien der Roman Verstörung von Thomas Bernhard. Titelgebend für das Literaturfest im Seehof in Goldegg im Salzburger Pongau ,"innergebirg". Das findet seit dem Herbst 2012 alljährlich im September statt.  Sepp Schellhorn, Politiker, Hotelier, Wirt , leidenschaftlicher Kulturarbeiter und Initiator des Festivals Verstörungen - ein Fest für Thomas Bernhard versammelt Interpreten, Wissenschafter und Fans des streitbaren "Geistesmenschen" und seiner literarischen Eloquenz.
Im kleinen Kreis lesen bedeutendste deutschsprachige AutorInnen und SchauspielerInnen am Goldegger See an vier Tagen Texte von Thomas Bernhard. Und - je nach Spezialthema - seinen Zeitgenossen. Details zum kommenden Termin 2018  finden Sie hier.

Thomas Bernhard Gesellschaft

Die Internationale Thomas Bernhard Gesellschaft (ITBG) wurde 1999 gegründet. Sie versteht sich als internationales Forum zum Austausch von Informationen und zur Vermittlung von Kontakten. Die ITBG hat es sich zur Aufgabe gemacht, einer interessierten Öffentlichkeit im In- und Ausland eine differenzierte Begegnung mit der literarischen Arbeit und der Person Thomas Bernhards zu ermöglichen. Die ITBG arbeitet eng mit dem Thomas-Bernhard-Archiv in Wien zusammen.
Nach Bernhard ist die Thomas-Bernhard-Straße in der ehemaligen Scherzhauserfeld-Siedlung in Lehen benannt, dem Ort seiner schicksalhaften Lehrjahre.
und wenn ich heute durch diese Stadt gehe und glaube, daß diese Stadt nichts mit mir zu tun hat, weil ich nichts mit ihr zu tun haben will, so ist doch alles in mir (und an mir) aus ihr, und ich und die Stadt sind eine lebenslängliche, untrennbare, wenn auch fürchterliche Beziehung. Denn tatsächlich ist alles in mir auf diese Stadt und auf diese Landschaft bezogen und zurückzuführen, alles in mir ist dieser Stadt als Herkunft ausgeliefert. (Thomas Bernhard, Die Ursache, eine Andeutung, 1975)
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