Ein Beitrag von Daniela Krautsack, MBA, Urban Branding Expertin und Trendforscherin (Wien):
Zum Thema ‚Unternehmerische Innovation‘ einen Blog zu schreiben, hat mich vor größere Herausforderungen gestellt, als ursprünglich angenommen. Es ist die unglaubliche Fülle an Daten, Meinungen und Ideen zu diesem Thema, die erst sortiert, selektiert und sorgfältig zusammengefügt werden mussten. Ich glaube mit großer Überzeugung daran, dass unternehmerische Innovation kein in die Wiege gelegtes Talent ist, sondern nur durch Inspiration, ein gutes Gespür für neue Entwicklungen, das richtige Lernen und die Chance, sich auszuprobieren florieren kann.
Meine Begeisterung für Innovation fand ich, soweit ich zurückdenken kann, auf meinen Reisen um die Welt. Oder in Gesprächen mit Menschen, die aus der weiten Welt oder spannenden Entwicklungen erzählten. Oder in den Kursen und Studien, die meine Neugier mein ganzes Erwachsenenleben über am Köcheln gehalten haben. Jeder hat die Möglichkeit, Mutiges im Kopf zu fabrizieren, aber man muss schon ein Kämpfer sein, um Innovation auf die Welt zu bringen. Wer sich schnell einschüchtern lässt, hat genauso wenig Erfolg wie jemand, der nicht hartnäckig genug seine Idee, seine Erfindung oder seinen Prototypen immer wieder vorstellt und verteidigt.
Jährlich werden am
Media Lab des MIT (Massachusetts Institute of Technology), auf das ich seit meiner frühen Jugend mit Sehnsucht blicke, rund
800 neue Erfindungen vorgestellt. Als ich 2010 den damaligen Media Lab Studenten
Daniel Leithinger, österreichischer Hagenberg-Absolvent und inzwischen innovativer Unternehmer von
Lumii kennenlernte, wurde ich in den 3 Jahren, in denen er mich immer wieder ins Media Lab schleuste und mir innovative Entwicklungen zeigte, Zeuge davon, dass diese am Ende des Jahres, nach der jährlichen Vorstellungsrunde bei den Sponsoren, in den aufklappbaren Böden des alten Unigebäudes aufbewahrt wurden und nach einiger Zeit entweder im Mülleimer oder in irgendeiner Studentenunterkunft landeten. 20 bis 30 Start-ups gehen aus der Innovationsschmiede am MIT hervor, die Nicholas Negroponte vor 30 Jahren in Cambridge gründete. Das MIT Media Lab zieht unangepasste Leute an und lässt verlauten:
„wir suchen die Rebellen." Damit ermutigt man junge Leute, anders zu denken und Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen, zu überwinden.
Foto: Daniel Leithinger / MIT Tangible Media Group
Was wir über unternehmerische Innovation noch vom MIT lernen können, ist eine
‚Kultur‘, die vom spielerischen Umgang mit Fragestellungen geprägt ist. Die Devise lautet: Das Spielen zu lernen und auch aus dem Spielen zu lernen ("Learning to Play, Playing to Learn"). Im Vordergrund steht nicht die Lösung von Problemen, sondern das spielerische Erkunden von Lösungsmöglichkeiten. Man nimmt die Macht der Innovation, die in den Händen der am Markt besonders begehrten Studenten liegt, zwar ernst, aber Geldverdienen stand bei keinem meiner Gespräche mit den wissbegierigen Intellektuellen im Vordergrund.
Es braucht also zuerst die leidenschaftliche Begeisterung, um später auch monetär erfolgreich zu sein.Was man von Elite-Unis und deren innovativen Zugang auch als Unternehmer lernen kann, ist die
fächerübergreifende Zusammenarbeit der Forscher. Wissenschaftler brauchen heute gute Software-Entwickler, sonst könnte man die Menge an Daten nicht bewältigen, Kommunikationsstrategen brauchen Grafik-Designer, die ihre Ideen visualisieren und Stadtentwickler brauchen Architekten, die das Auge für Form und Funktionalität haben. Nicht nur an US-Universitäten, sondern auch an heimischen akademischen Institutionen, wie der FH Wiener Neustadt werden Studenten und Forscher seit Jahrzehnten angehalten, Firmen zu gründen. Mit speziellen Kursen, Zugang zu Wagniskapital und einer offenen Kultur wird versucht, den Unternehmergeist zu fördern. Das geht zwar nicht immer gut, aber angehende Jungunternehmer sollen auch aus ihren Fehlversuchen lernen. Wenn ein Fünfjähriger einen Turm baut und der fällt zusammen, dann macht er weiter, auch wenn der Turm 20 Mal umfällt, lese ich in einem Interview über die
‚Notwendigkeit des Scheiterns‘.Innovation, also die
Anwendung von neuem Wissen, ist stets mit Risiken verbunden. Apple etwa ist mit einem frühen Vorgänger des iPad, dem Apple Newton gescheitert. Der Apple Newton war eine Produktreihe, die 1993 vorgestellt und deren Produktion 1998 bei der Neustrukturierung von Apple Computer unter Steve Jobs als CEO bei Apple eingestellt wurde. Eine Wiederbelebung erfuhr das PDA-Konzept bei Apple durch die Präsentation des iPhone 2007 sowie des iPad 2010 mit den Unterschieden, dass diese nicht mit einem Stift, sondern nur mit den Fingern über einen Touchscreen zu bedienen sind, und dass es dort keine Handschrifterkennung, sondern eine angezeigte Tastatur gibt. Für das iPad und seine bedienerfreundliche Nutzung waren die Konsumenten der 90er Jahre einfach noch nicht bereit. Misserfolge können also verschiedene Gründe haben; von persönlichen Streitereien und unbeeinflussbaren Marktfaktoren bis hin zu mangelndem Verständnis für Trendvorhersagen oder einfach schlichtem Pech. Je mehr Fachhochschulen und Universitäten Studenten zu verstehen geben, dass man manchmal scheitern muss, um danach ein erfolgreicher Unternehmer zu werden, wird flexibel bleiben und im Notfall bereit sein, nicht nur die Richtung zu ändern sondern ein Projekt auch ganz aufzugeben. Das Lernen aus Fehlern sollte auch an unseren Akademien zur obersten Maxime erklärt werden.
„Welche Methoden und Kreativtechniken verhelfen heutzutage zu unternehmerischer Innovation?“ frage ich in einem Interview die Campus- & Studiengangsleiterin der FH Wiener Neustadt,
Dr. Astin Malschinger. Sie sagt:
„Open Innovation und Crowdsourcing würde ich spontan auf die Frage nach der Methode und Empathic Design sowie Design Thinking für Kreativitätstechniken nennen.“Open Innovation öffnet Innovationsprozesse für andere Stakeholder und integriert auf der einen Seite externes Wissens in den Innovationsprozess, d.h. das Know-How der Lieferanten, Kunden und externer Partner (z. B. Universitäten) soll genutzt werden, um die Qualität und Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu erhöhen und anderseits soll internes Wissen ‚externalisiert‘ werden, d.h. z.B. Lizenzgebühren für Innovationen einzunehmen, die für die operative Geschäftstätigkeit nicht genutzt werden.
Crowdsourcing wird immer öfter in die Neuproduktentwicklung miteinbezogen. Es handelt sich hierbei um Internetnutzer, die über eine virtuelle Plattform von einer Aufgabenstellung erfahren, diese bearbeiten und damit für das auftraggebende Unternehmen
interaktiv Wert schaffen.
Wie im letzten Harvard Business Manager zu lesen war, sind wirkliche Meister der
Design Thinking Denkweise noch Mangelware. Für Apple, das wertvollste Unternehmen auf unserem Globus, steht
Design im Mittelpunkt jeder Tätigkeit. Designer gehören zu den Gründungsmitgliedern vieler Start-Ups. Gesundheitswesen, Bildungsbereich und öffentlicher Dienst haben begonnen, mit Prototypen zu arbeiten, schrittweise ihre Ideen zu verbessen und ihre Projekte schneller und mit starker Kundenorientierung zu entwickeln. Das Ende der 90er Jahre unter anderem von der Designagentur Ideo entwickelte Innovationskonzept Design Thinking ist nämlich
‚human-centered‘, also am Menschen orientiert; Es verbreitet sich weltweit und wird inzwischen sogar zum Gestalten von Organisationen und Geschäftsmodellen eingesetzt. Die Methode ist für die ständige Jagd nach unvorhergesehener Innovation gedacht.
Es gibt eine Menge Ressourcen, auf die Manager heute beim Kennenlernen der Design Thinking Methodik zurückgreifen können: Online-Universitäten, wie Udacity und Khan Acadamy, Kurse an der Ideo Universität und eine post-graduate Ausbildung, die ich 2013 – 2014 an der
THNK Amsterdam School of Creative Leadership, die von McKinsey Managern gegründet wurde, absolviert habe. Wenn Sie Teamprozesse mögen und ein Mensch mit einem sogenannten T-Profil sind, eignen Sie sich besonders für Design Thinking. Beim T steht der vertikale Balken für Expertenwissen und Spezialisierung und der horizontale Balken für Offenheit und die Neugier gegenüber anderen Menschen, neuen Disziplinen und Denkweisen.
„Wie ‚funktioniert‘ eigentlich Produktentwicklung, Dr. Malschinger? In der Fachhochschule Wr. Neustadt wird Innovationsmanagement und Produktdesign großen Stellenwert zugemessen.“ Malschinger antwortet: „Es sind
6 Schritte:
- Recherche am Markt/ Umfeldanalyse
- Trendanalyse entwickeln
- Anforderungen an den Benefit des Produktes/an sein Umfeld bestimmen
- Prototyp herstellen
- Prototyp testen
- Prozess (Produkt) fertigstellen.
Wir ermitteln ungenutzte Innovationspotentiale, entwickeln Ideen zu Konzepten und diese zu marktreifen Produkten. Zudem erarbeiten wir mit unseren Auftraggebern in unserem Ideen-Studio, Concept-Lab, Food Development Lab, 3D-Prototyping Lab, Sensorik Lab und Studio für Empathic Design Lab Innovationsstrategien und Innovationsprozesse. Marktforschung hat bei der Produktentwicklung übrigens eine große Bedeutung. Wir haben einen ganzen Studiengang dafür entwickelt, der
‚Consumer Affairs‘ heißt und Mafo für Konzepttests, Produkttest und rund um Zielgruppen durchführt. Ich möchte aber betonen, dass wir durch Mafo keine Garantie haben zu wissen, welche Innovation sich durchsetzen wird oder nicht.“
Die Impulse für innovatives Denken und Agieren beziehen Unternehmen nicht nur durch regelmäßige Weiterbildung und Kollaboration mit externen Experten, immer mehr Großkonzerne bieten ihren Mitarbeitern ‚Denkzeit‘ innerhalb ihrer Arbeitszeit, um ihre
Kreativität entfalten zu können. Das kann ein Prozentsatz der vereinbarten Arbeitszeit sein oder auch kuratiertes Entdecken und Erkennen von frühen Strömungen, wie das Trend Safaris im öffentlichen Raum bieten. Um Trends zu erkennen, die innerhalb von Unternehmen in die Entwicklung neuer Produkte führen kann, braucht man
Gefühl, Instinkt und eine schnelle sowie emotionale Auffassungsgabe. Man scannt die gesellschaftlichen Oberflächen. Man sucht nach frühen Anzeichen für Trends und nach wiederkehrenden Mustern in Botschaften, die man auf Wänden, Stickern und anderen ambientalen Medienformen sieht. Trends muss man nicht voraussagen. Es sind Veränderungen, die man nicht prognostizieren, aber identifizieren können muss. Dazu gehört das Monitoring bestimmter Zeichen, das Scanning bestimmter Medien und vor allem das Benennen des Trends – und erst das macht den Trend sichtbar. Wenn es für ein Phänomen einen Begriff gibt, kann man auch darüber sprechen. Wir lernen durch diese Begriffe, die Welt von heute besser zu verstehen, um auf das Morgen vorbereitet zu sein. Die Aufgabe der Trendforschung ist auch eine
Übersetzungsleistung –
von gesellschaftlichen Strömungen in Wachstumspotenziale in der Wirtschaft.
Vor einigen Tagen habe ich eine Gruppe von Produktentwicklern und Innovationsmanagern durch 4 Wiener Bezirke geführt, um das
Erkennen von zeitgenössischen Strömungen zu üben. Der vierstündige Rundgang führte die Teilnehmer quer durch neuartige Shop Konzepte und bot, vor allem durch den interessanten Einblick hinter die Kulissen der Geschäfte eine tiefgehende Auseinandersetzung mit
Megatrend-Themen. Das besondere Augenmerk der Trend Safari liegt generell auf ganzheitlichen Entwicklungen und folgenden Fragestellungen:
Von welchen kreativen Einflüssen bin ich umgeben und wie kann ich lernen, diese zu ‚lesen‘? Wie übersetze ich diese aktuellen Strömungen in Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit? Und wie kann ich dadurch das Leben in der Stadt nachhaltig beeinflussen? Es werden innovative Orte zu unterschiedlichen Lebensbereichen besucht, wie beispielsweise Food, Fashion, Architektur und Kunst.
Unsere Tour führte uns in die
Welt der Sinne bei Supersense in der Praterstrasse und zeigte bei Gabarage in der Schleifmühlgasse, dass der Lebenszyklus eines Produktes nicht in der Müllverbrennungsanlage enden muss. Einige Häuser weiter luden pensionierte Omis auf selbstgebackenen Kuchen und Kakao in der Vollpension ein und zeigten eindrucksvoll, was die Silver Society noch im Köcher hat.
Generation Y – warm anziehen, denn diese Golden Girls haben viel Elan, Erfahrung und ein breites Lächeln am Gesicht.
Street Art vom feinsten begleitete uns beim Spaziergang vom 4. in den 6. Bezirk und hinein in das Atelier und Café Rabbit Eye Movement des österreichischen Street Artist Nychos. Danach wurden die Ladies beim Besuch von Thomas Gillers Studio in der Stumpergasse sichtbar schwach, denn das Gesamtkonzept des Wiener Barbiers lautet Sinneserlebnis 360 Grad. Das Rasiermenü ‚Made in Italy‘ wird mit exklusivem Grappa aus Treviso und ‚Made in Scotland‘ mit einem Bourbon serviert. Letzterer wurde ausnahmsweise auch den weiblichen Teilnehmern des Trendwalks serviert, da es beim Barbier ‚men only‘ heißt. Letzter Stopp war der entzückende DIY – Fashion Nähshop von Madame Kury in der Kaiserstraße, die eine stundenweise Vermietung von Nähmaschinen und Consulting vom Aussuchen des Stoffes, Anlegen des Schnittmusters und Fertigstellen des gewünschten selbstgenähten Kleidungsstücks bietet.
Die Teilnehmer wurden gebeten, Fotos von Orten, Objekten und Formen zu machen, die sie am meisten begeisterten. Werden diese Safaris regelmäßig gemacht, ergeben sich Muster. Hier einige der Teilnehmer-Fotos, die im Anschluss analysiert wurden. Die Trend Safaris finden auf Anfrage unter
dok@citiesnext.at statt.
Unternehmerische Innovation
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