In den Sommermonaten Juli und August herrscht in Salzburg kultureller Ausnahmezustand. Die Salzburger Festspiele bieten Oper, Schauspiel und Konzert auf höchstem Niveau und locken ein internationales Publikum in die sonst beschauliche viertgrößte Stadt Österreichs, die im Sommer zu dem Kultur-Mekka und gesellschaftlichen Hotspot mutiert.Für alle zumeist auch kunstbegeisterten FestspielbesucherInnen präsentieren die Galerien in Salzburg ein hochkarätiges Ausstellungsprogramm. Wir haben einige ausgewählte Galeristen nach dem Highlight ihrer aktuellen Festspielausstellung gefragt und verraten die Top 5 der Kunstwerke, die Sie gesehen haben sollten.
Galerie Ropac: Yan Pei-Ming
Die renommierte Galerie für zeitgenössische Kunst in der historischen Villa Kast zeigt in der diesjährigen Sommerausstellung ab 25. Juli unter dem Titel „Aggressive Beauty“ den chinesischen Maler Yan Pei-Ming – die erste Einzelausstellung des Künstlers in Österreich.
Yan Pei-Ming, "Picasso á Malaga", 2015, Oil on canvas, 150 x 100 cm, Courtesy Galerie Thaddaeus Ropac, Paris/Salzburg, Photo: Ulrich Ghezzi, (c)Yan Pei-Ming
Das Gemälde zeigt den 7-jährigen Picasso auf einem Stuhl sitzend, seinen Arm auf die Rückenlehne gestützt. Sein Blick, der gleichermaßen ernst wie verträumt ist, scheint die Grenze des Bildraumes zu durchbrechen, und zieht so die Aufmerksamkeit des Betrachters unweigerlich auf sich.
Das Gemälde basiert auf einer Fotografie, die das Geschwisterpaar Lola und Pablo Picasso im Jahr 1888 zeigt. Yan Pei-Ming übernimmt die der Fotografie aus dieser Zeit immanente Farbpalette von Weiß bis Schwarz und setzt diese in der ihm eigenen Manier mit den typisch breiten und energischen Pinselstrichen um. Betrachtet man das Gemälde aus der Nähe offenbart sich der kraftvoll abstrakte Charakter, aus der Entfernung hingegen, wirken sie äußerst plastisch und die Konturen zeichnen sich deutlich ab.
Galerie Thaddaeus Ropac, Villa Kast, Mirabellplatz 2, während der Festspiele geöffnet Mo-Sa 10-18 Uhr, www.ropac.net
Galerie 5020: Videoarbeit von Kay Walkowiak
Der Kurator der Gruppenausstellung “Auratic and Other Phenomena” in der Galerie 5020 Erik Hable hat sich für eine Videoarbeit von Kay Walkowiak entschieden: The Ritual, 2015, HD Video, 7 min. 47 sec.
Galerie5020_Videostill aus Kay Walkowiak - The Ritual, 2015, HD Video, 7 min. 47 sec
Kay Walkowiak (geboren 1980 in Salzburg, lebt in Wien, Studium an der Akademie für bildende Kunst Wien und der Universität für angewandte Kunst Wien) arbeitet in seinen Fotoarbeiten, Skulpturen und Videos mit den Konzepten Leere und Fülle, Nähe und Distanz, sowie Display und Situation. Blumengirlanden und Farbpigmente zieren ein minimalistisches zweifarbiges Objekt, Spitzensportler vollziehen mysteriöse Rituale in futuristischer Architektur: der Künstler kombiniert Ready Mades und minimale Objekte, setzt sie in dichte Choreographien und absurde Narrative. Orte wie Chandigarh, Varanasi und Peking bilden Impuls, Bühne und Sujet für seine Arbeiten, die die Idee der Autorschaft in Frage stellen und mehrdeutige Einladungen an den Betrachter aussprechen. Die Werke bleiben stets offen und generieren sich mit jeder Betrachtung neu. Die Ausstellung „Auratic und Other Phenomena“, 16. Juli – 29. August 2015, thematisiert Verbindungen und Überschneidungen von Symbol, Religion, Ritual, Esoterik oder Populärkultur als künstlerisches Feld und zeigt Arbeiten von Bouillon Group, Herbert De Colle, Karin Ferrari, Pedro Gonzàlez-Rubio, Renate Hausenblas, Didi Neidhart, Serge Stephan & Perrine Trebal, Gerold Tusch, Georg Vogt / Christan Karst / Bastian Petz, Kay Walkowiak.
Galerie 5020, Residenzplatz 10, geöffnet Di-Fr 14-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr, www.5020.info
Galerie Säulenhalle: Fotoausstellung von Claudia Henzler
Die Ausstellung von 23. Juli – 31. August 2015 ist anlässlich von 20 Jahren Srebrenica dem MENSCHSEIN gewidmet und zeigt die Fülle unseres Daseins. 5 Bilder von Srebrenica bilden die dramatische Ausgangsposition zur Reflexion über die Mit-Gestaltung unseres Daseins. Die Ausstellung führt vom gewaltvollen Drama in Srebrenica hin zu einer erweiterten Wahrnehmung "was unser MENSCHSEIN ausmacht": weitere 25 schwarzweiß Fotografien von Menschen und Landschaften beispielsweise von Georgien, Indien, Kambodia, Österreich, machen eine einzigartige Vielfalt sichtbar. Dieser Teil der Ausstellung dient zur Inspiration, um Diversität, die uns im Alltag begegnet, statt mit Angst in Wertschätzung und Verbundenheit miteinander zu erforschen und das sich daraus ergebende Potential als bereichernd und wertvoll erleben zu können.
MENSCHSEIN 20 Jahre Srebrenica, (c)Claudia Henzler
Die Fotografie zeigt Hava Begzadiz aus Pirici bei Srebrenica und entstand im Juli 2010 im Rahmen der Gedenkveranstaltung an den Völkermord von Srebrenica. Sie ist eine Frau, ein Witwe und Mutter. Ihr Mann und ihre 3 Söhne starben im Krieg in Srebrenica. Die Überlebende des Genozids, dem größten Völkermord in Europa seit dem 2. Weltkrieg, starb im Februar 2015.
Für die Fotografin Claudia Henzler steht die Hava und das Bild von ihr für Srebrenica, für Erinnerung, für Leben und Überleben… Es steht für die Fülle des Lebens - mit allen Aufs und Abs, mit Freude und Trauer, mit Leid, Verzweiflung, Ohnmacht, Aggression und Vergebung und Milde. All das spricht aus ihrem faltigen und doch gleichzeitig so schönen Gesicht... das mehr ist als ein „normales Portrait“. Es ist ein Manifest und ein Antlitz der Gegenwart, das die Ewigkeit durchscheinen lässt.
Galerien der Stadt Salzburg, Galerie Säulenhalle, Altes Rathaus, Kranzlmarkt1/Getreidegasse, geöffnet Mo-Do 8-17 Uhr, Fr 8-13.30 Uhr, www.henzlerworks.com
Galerie im Traklhaus: Wandmalerei von Daniel Domig und Markus Kircher
Unter dem Titel „Lärm – Ton, Klang, Musik und bildende Kunst“ zeigt die Galerie im Traklhaus von 31. Juli bis 5. September 2015 Arbeiten von Christian Ludwig Attersee, Peter Brauneis/Martina Mühlfellner, Heinz Cibulka, Deutschbauer/Spring, Franz Graf, Florian Gruber, Chris Janka, Franz Kapfer, Bernhard Leitner, Martin Lerch, Bele Marx, Meta Mettig, Barbara Musil, Hans Pollhammer, Bernhard Resch, Gerhard Rühm, Valentina Sardinia-Piredda, Konrad Schröder und Daniel Wetzelberger.
Das dortige „Lieblingsstück“ derzeit ist aber das neue Kunstwerk, das seit ca. 1 Monat den Eingang in die Galerie im Traklhaus schmückt. Entstanden für die Ausstellung „100“ (Arbeiten mit Salzburg-Bezug von 100 Kunstschaffenden), wird die farbintensive Wandmalerei dem Haus aber nun länger erhalten bleiben.
Daniel Domig und Markus Kircher
„Die Salzach-Flößer“, 2015, Acryl-Wandmalerei im Eingang der Galerie im Traklhaus
Für die große Gruppenausstellung haben die beiden Maler einen gemeinsamen Beitrag vorgeschlagen. Sie haben für ihr Wandbild keine Ausstellungsfläche in den vier Räumen beansprucht, sondern sich für den Eingangsbereich der Landesgalerie entschieden. Das hat den Vorteil, dass die Acrylmalerei nicht nach Ende der Ausstellung übermalt werden muss.
Die erste Idee der Künstler für das Zentralbild (ca. 130 x 200 cm) war die Salzach, auf die man aus den Ausstellungsräumen schaut. Zu der blauen Farbe kam immer mehr gelb und rot und es entstand ein vielteiliges Bild, in dem zahlreiche Details zu entdecken sind. Das Bild, das sich auf die Wände rechts und links und in den Ecken bis zum Boden ausbreitet, erzählt vielleicht eine Geschichte von den Flößern, als der Fluss noch Verkehrsader war. Gleichzeitig spielt die Deckenmalerei mit dem Raum, seinem Gewölbe und den Gegenständen an der Wand darunter. Den Künstlern ist es sehr gut gelungen, die Acrylfarbe durch verdünnten Auftrag, wie auf Papier wirken zu lassen. Die Galerie im Traklhaus hat ein neues Kunstwerk, das den Eingang bestimmt und gleichzeitig gute Malerei ist.
Markus Kircher ist 1970 in Salzburg geboren.
Daniel Domig ist 1983 in Vancouver geboren, aufgewachsen in Salzburg. Beide haben an der Akademie der Bildenden Künste, bei Prof. Gunter Damisch studiert. Sie leben und arbeiten in Wien, kommen jedoch immer wieder nach Salzburg und Hallein.
Galerie im Traklhaus, Waagplatz 1a, geöffnet Di-Fr 14-18 Uhr, Sa10-13 Uhr, www.traklhaus.at
Mario Mauroner Contemporary Art: Skulptur von Jan Fabre
Einen “Parcours D’Art” präsentiert die Galerie Mario Mauroner Contemporary Art im heurigen Festspielsommer. Noch bis zum 29. August werden an den beiden Standorten in der Residenz sowie im Skulpturengarten am Ignaz-Rieder-Kai Bilder, Installationen und Skulpturen von 22 Künstlern gezeigt, die allesamt die Auszeichnung verbindet, ihr Land bei der Biennale in Venedig zu vertreten bzw. vertreten zu haben.
Favorit von Galerist Mario Mauroner ist “The naked Metamorphosis” von Jan Fabre.
Ein Hirn wie eine Tarnkappe übergestülpt amüsiert sich Jan Fabres Schildkröte – in vielen Weltkulturen Symbol für Weisheit, Treue, Zuverlässigkeit, Zähigkeit und langes Leben - sichtlich über den ihr in Elea zugesprochenen Sieg über Achill.
Der belgische Theatermagier und Enfant terrible Jan Fabre hat dem “Erfinder der Dialektik” dem Philosophen Zeno ein tonnenschweres Monument aus strahlend weißem Carrara Marmor gesetzt und ist dabei konsequent seinem Thema - der Metamorphose - treu geblieben. Was sonst, wenn nicht unser Hirn ist das Paradebeispiel für die Metamorphose: Ort unseres Bewusstseins, Denkens, Fühlens und Handeln, unserer Phantasie und Imagination: der kurzum “sexiest part of our body” wie Fabre meint. In einem speziell für diese Skulptur gebauten Glaskubus im Skulpturengarten der Galerie am Ignaz Rieder Kai hat sie eine spektakuläre, temporäre Heimat gefunden.
Mario Mauroner Contemporary Art Salzburg, Residenzplatz 1 und Ignaz-Rieder-Kai 9, geöffnet während den Festspielen Mo-Sa 11-18 Uhr und nach telefonischer Vereinbarung, www.galerie-mam.com