Der Architekt Johann Bernhard Fischer von Erlach hat gegen Ende des 17. Jahrhunderts Salzburgs weltberühmte barocke Szenerie maßgeblich geprägt. Haben Sie Lust auf einen ebenso bildenden wie genussreichen Spaziergang zu seinen kühnen, prachtvollen Bauten in der Stadt Salzburg?
Johann Bernhard Fischer von Erlach (1656-1723), Architekt, Bildhauer und Medailleur, gilt neben Jakob Prandtauer und Johann Lucas von Hildebrandt als einer der drei bedeutendsten Baukünstler des kunstreichen barocken Österreich. Zwischen 1693 und 1699 baute Fischer von Erlach im Fürsterzbistum Salzburg fünf Kirchen. Die Kollegienkirche, die Ursulinenkirche, die Dreifaltigkeitskirche, die Johannsspitalkirche in Mülln und die Wallfahrtskirche Maria Kirchenthal nahe Lofer im Pinzgau. Kein Sakralraum, aber ebenfalls ein architektonisches Glanzlicht ist die von ihm entworfene Pferdeschwemme, von Salzburgern und Touristen gleichermassen geschätzt und bewundert.
Geboren 1656 in Graz, machte sich der Sohn des Bildhauers Johann Baptist Fischer mit 14 (!) Jahren abenteuerlustig auf den Weg nach Rom. Ins Zentrum europäischer Baukultur und Kunst, um seine Studien zu betreiben. Kaum heimgekehrt, avancierte der junge Architekt 1688 in Wien zum Lehrer des jungen Thronfolgers Josef. 1705 bis 1711 dann Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, König von Böhmen, Kroatien und Ungarn.
Die Karriere des Fischer von Erlach in Salzburg begann schließlich mit der wachsenden Abneigung des damals herrschenden Fürsterzbischof Johann Ernst Graf Thun (1687-1709) gegen die bisher gerne beauftragten italienischen Baumeister. Der Kirchenfürst war ein absolutistischer Herrscher, ein tüchtiger Jäger. "Der Klang des Hüfthorns mochte ihm lieber sein als Glockengeläute und Nonnengesang". Und es gab mit der Berufung Fischers der Stadt ihr unverwechselbares Profil der Türme und Kuppeln.
Da Fischer zwar 1694 zum kaiserlichen Hofarchitekt und -ingenieur in Wien ernannt worden war, aber in Wien keine Aufträge erhielt, ging er von 1693 bis 1699 nach Salzburg, wo er signifikante Kirchen erbaute oder umbaute. Während dieser Zeit – im Jahre 1696 – wurde ihm der adlige Namenszusatz „von Erlach“ verliehen. Nach dem ersten Mann seiner Mutter, dem Bildhauer Sebastian Erlacher.
Am Universitätsplatz beginnt schließlich unser Weg mit der Betrachtung der Kirche der Paris-Lodron-Universität. Einem Hauptwerk im gesamten Oeuvre Fischers, der wohl bedeutendste Kirchenbau der Stadt Salzburg - neben dem Dom. Und ein Kulturdenkmal von internationalem Rang. Es thront erhaben über dem täglichen bunten Getümmel des Grünmarkts.
Kollegienkirche © Tourismus Salzburg
Impuls für den Bau war das Mißfallen des Erzbischofs Johann Ernst Graf Thun darüber, dass der Universitätsgottesdienst in einem Saal abgehalten wurde. "Allwo man sonsten die Comoedien und andere prophana zu exhibieren pflegt".
Fischer von Erlachs Formensprache ist ruhig und monumental. Ornamente treten gegenüber einer Betonung der architektonischen Harmonie zurück. Zugunsten der Erlebbarkeit des Gesamtbauwerkes und seiner Architektur verzichtet er auf detaillierende Schmuckelemente. Sichtbar auch in der Ausführung des Kircheninneren in einheitlich weißer Farbe, ohne Gemälde. Der 1707 geweihte Kirchenbau wurde zum Vorbild vieler spätbarocken Kirchen im süddeutschen Raum. Die Fassade dominieren der dramatisch sich vorwölbende Mittelteil und die flankierenden Türme. Ihre Gliederung schwebt immer leichter nach oben hin und endet in zarten, feingliedrig aufgelösten Balustraden anstatt kompakten Turmhelmen, gekrönt von allegorischen Figuren.
Kollegienkirche © Erzdiözese Salzburg, Foto J. Kral
Von 2003 an wurde die Salzburger Kollegienkirche und zehn Jahre lang aufwändig saniert. Der Zahn der Zeit hatte über die Jahrhunderte stetig und heftig an ihrer Substanz genagt. Bis die Bundesimmobiliengesellschaft das Großprojekt in Angriff nahm. Im Zuge der Sanierungsarbeiten kam hier ein halbes Jahr lang das mit 58 Metern höchste Innenraumgerüst Österreichs zum Einsatz.
Unterstützt wurde die BIG vom Verein Kulturerbe Salzburg, der Initiative »Rettet die Kollegienkirche«, dem Bundesdenkmalamt, dem World Monuments Fund, dem Land Salzburg, der Stadt Salzburg, der Erzdiözese Salzburg sowie zahlreichen privaten Spendern und Wohltätern. Eine interessante Beschreibung der einzelnen Schritte und Maßnahmen finden Sie beispielsweise hier. Jetzt erstrahlt das Barockjuwel in neuem Glanz und bietet den Konzerten, die im Rahmen der Salzburger Festspiele hier stattfinden, wieder eine prunkvolle Bühne.
Pferdeschwemme © Tourismus Salzburg, Foto: S. Siller
Pferdeschwemmen waren Stellen an Flüssen, Bächen oder Teichen - in Siedlungen gefasste Quellen - in denen Pferde und andere Zugtiere nach ihrer Arbeit sauber gewaschen wurden. In der Regel einfache Einrichtungen des täglichen Gebrauchs. Nicht so in Salzburg. Am heutigen Herbert-von-Karajan-Platz liegt eine berühmte Marstallschwemme wesentlich eleganterer Erscheinung. Dort, ganz nahe dem ehemaligen Hofmarstall (heute unser Festspielhaus), wurden die edlen fürsterzbischöflichen Paradepferde gewissenhaft abgeduscht, gepflegt und bei heißem Wetter auch vorsorglich im Wasser gekühlt.
1695 bis 1696 ließ Fürsterzbischof Johann Ernst Graf Thun hier im Zuge der Erweiterung des Hofmarstalles ein Brunnenbad für die Pferde nach Plänen von Johann Bernhard Fischer von Erlach errichten. Weil am Mönchsberg schon der Schüttkasten - heute ebenfalls als Kartenbüro und Veranstaltungsort im Dienste der Salzburger Festspiele - für den Marstall stand, wurde das weit geschwungene Bassin mit einer eigenen Rückwand versehen, um diesen zu verbergen.
Während der Barockzeit wurden Pferdeschwemmen von gehobenen Besitzern des Adels - oder in unserem Fall des Klerus - gerne künstlerisch ausgestaltet. Die Schauwand des Planschbeckens für Vierbeiner ist mit einzigartigen Pferdefresken ausgestattet. Die von Hofmaler Franz Anton Ebner gestalteten Szenen stellen die damals in den Stallungen untergebrachten kostbaren und seltenen Pferderassen dar.
Pferdeschwemme © Tourismus Salzburg, Foto: S. Siller
Die Skulpturen-Gruppe im Zentrum der Anlage, der so genannte "Rossbändiger", wurde rund 1695 geschaffen und ist eine bedeutende frühe Arbeit des Bildhauers Michael Bernhard Mandl. Das Motiv des Pferdebändigers - er zähmt und beruhigt ein sich bäumendes Pferd - spielt wohl auf den erzbischöflichen Auftraggeber an, der sinnbildlich mit lenkender Hand das Ungebärdige zügelt und ihm den schuldigen Gehorsam abverlangt.
1695 stiftete der uns nun schon bekannte Erzbischof Johann Ernst Thun ein Erziehungsinstitut für Mädchen. Die Leitung übergab er den aus Klagenfurt berufenen Ursulinen, dem ältesten weiblichen Schul-Orden und beauftragte Fischer von Erlach, für das Stift eine neue Kirche zu planen. Im Jahr 1699 legte man den Grundstein. 1705 erfolgte die Einweihung.
© Tourismus Salzburg
Dem Architekten stand das Grundstück in Form eines Trapez zur Verfügung, das links von der Salzach und rechts von der schmalen Gstättengasse begrenzt ist. Zur Zeit der Kirchen-Errichtung war die Bebauung des schmalen Streifens zwischen Mönchsberg und dem stark abfallenden Flussufer eine Meisterleistung. Aus Platzmangel wurden die Türme hinter die Fassadenebene gesetzt.
Sie ermöglichten so den Raum für eine großzügige Vorhalle. Der Vorbau der Kirche besitzt Pilaster mit Kapitellen im ionischen Stil und über dem Aufsatz samt Riesenfenster einen aufgesetzten Dreiecksgiebel, der von der Figur des Heiligen Markus umrahmt von den Heiligen Augustinus und Ursula bekrönt wird. Diese Figuren wurden vermutlich von Bernhard Michael Mandl geschaffen.
© Tourismus Salzburg
Das Innere der Markuskirche überwältigt BesucherInnen mit einer unerwarteten Üppigkeit. Reiche Stuckatur, farbig-volksnahe Fresken des Tiroler Malers Christoph Anton Mayr und das Kuppelgewölbe mit der Aufnahme der Heiligen Ursula im Himmel erfüllen den Raum. Auch im Inneren begegnet man wieder den Giebelfiguren der Fassade. Handwerkliche Glanzleistungen sind das Schnitzwerk der Altarschranken und der Kirchenbänke.
Im Jahr 1999 wurde die Markuskirche der ukrainisch griechisch-katholischen Gemeinde in Österreich (Ordinarius: röm.-kath. Erzbischof von Wien) zur Verfügung gestellt, wo sie die Zentralkirche der Seelsorgestelle Westösterreich – als Seelsorgestelle der Zentralpfarre St. Barbara zu Wien – darstellt. Seither werden die Gottesdienste im byzantinischen Ritus gefeiert. Jeden letzten Freitag im Monat findet zudem ein ökumenisches Abendgebet statt.
Über den Müllner Steg gelangt man gemütlich - mit wunderhübschem Altstadtblick - zur rechten Salzachseite. Dort wartet nach einem kleinen Spaziergang flussaufwärts die dritte im Bunde der imposanten Kirchen des Fischer von Erlach in Salzburg.
Dreifaltigkeitskirche © Tourismus Salzburg
Der konkave Bogen der Front zwischen den beiden palastartigen Türmen wird spannend konterkariert durch das Konvex der dahinter aufstrebenden Kuppel. Das strenge Portal mit dem hohen Mittelfenster darüber schließt dazu ein hervorspringendes Sims mit den Statuen des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe und der Weisheit ab.
Wieder begegnet uns Michael Bernhard Mandl. Er hat diese Gruppe 1699 geschaffen. In ihrer Mitte ist das Doppelwappen Thuns und des Salzburger Landes verewigt. Der Innenraum der Dreifaltigkeitskirche bezaubert. Der Kuppelraum stellt ein Oval mit einer Darstellung der Krönung Mariens von Johann Michael Rottmayr dar. Die Kanzel, die Altarschranken und die Kirchenbänke entlang der Wände entstanden nach Anordnungen Fischers von Erlach.
Dreifaltigkeitskirche © Tourismus Salzburg
Und wieder unser tüchtiger Erzbischof - Johann Ernst Thun kaufte 1688 das Schloß Müllegg und ließ es abtragen, um an seiner Stelle ein Spital, das er seinem Namenspatron weihte, als "milde Anstalt für die Pilgram und allhiesig erkrankhendte Studenten zu stüfften". Als Urheber der Entwürfe wird Fischer von Erlach in den Archivalien genannt. Die Rechnungen soll der Bauherr der Tradition nach selbst vernichtet haben. Niemand sollte wissen, wie viel ihn die generöse Stiftung gekostet hatte ...
Inmitten des Nutzbaues erhebt sich also die Kirche. Ihr Grundriss ist ein griechisches Kreuz, mit Betonung der Längsrichtung. An der Fassade ist bemerkenswert, dass dahinter sich zuerst nur eine Vorhalle öffnet und sich erst dort die eigentliche Front der Kirche mit dem tatsächlichen Kircheneingang zeigt. Vor dem Hochaltar führt eine Treppe in die Gruft, "diese Anlage, die einerseits den Altar hervorhebt und andrerseits die Gruft bildet, ist in einer barocken Architektur sehr originell" (Wolfgang Steinitz). Der einheitliche Charakter der Innenraumausstattung und der Dekorationen fußt darauf, dass dafür ausschließlich nach Fischer von Erlachs Entwürfen gearbeitet wurde.
Ein besonderer Tipp für die Vor-Weihnachtszeit ist der Besuch dieser wunderschönen, stillen Kirchen, die seit 300 Jahren eine kontemplative Konstante der Stadt verkörpern. Kunsthistorisch Interessierte finden Informationen beispielsweise bei den Salzburg Guides. Und natürlich gibt es einschlägige Literatur dazu in den Buchhandlungen Salzburgs.
Wir hoffen, dass Ihnen die kleine Reise ins Barock des Fischer von Erlach in Salzburg Freude macht und Sie ein wenig von der historischen aber ungebrochenen Spiritualität seiner Architektur ins Heute mitnehmen können!