Bravissima Cecilia! Pfingstfestspiele 2019
Wieder einmal legt Cecilia Bartoli - künstlerische Leiterin und gleichzeitig Primadonna der Salzburger Pfingstfestspiele 2019 den Finger auf eine sensible Stelle. Übergeordnetes Thema des Frühlings-Festivals ist in diesem Jahr ein „heißes Eisen“ der Musikgeschichte: die Kastratenstimmen des Barock. Mit ihrem Team gestaltet die Sängerin in charakteristisch leidenschaftlicher Manier von 7. bis 10. Juni ein Programm von Diskussion, Kino, geistlicher und weltlicher Musik.
Vokalartistik - hardcore
Unter dem Motto Voci celesti – Himmlische Stimmen widmen sich die Pfingstfestspiele 2019 dem Andenken der großen Kastratenstimmen und thematisieren damit ein grausames Kapitel in der Musikgeschichte: Um die sonst Frauen vorbehaltene Tonhöhe zu erreichen, wurden in den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts im Namen der Sangeskunst junge Männer als kleine Kinder kastriert.
Die wenigen, die diese furchtbaren Eingriffe überlebten und ein intensiv forderndes Studium schafften, wuchsen zu betörenden Sängern heran und erlebten als Lieblinge des verwöhnten höfischen Publikums kometenhafte Karrieren.
Cecilia Bartoli hat zu ihrer Programmidee sorgfältig und lange überlegt, ob man die unter solch tragischen Umständen erreichten künstlerische Leistungen überhaupt feiern und aufführen sollte – und kam zu dem Schluss: „Ja, absolut.“ Und betont gleichzeitig, das Phänomen der erzwungenen Vokalartistik müsse aber unbedingt auch aus allen Blickwinkeln beleuchtet und der problematische Kontext zur Diskussion gestellt werden.
Opern bei den Pfingstfestspielen 2019
Bei der Auswahl der Stücke für die Pfingstfestspiele 2019 erweist Bartoli sich einmal mehr als Genie an Inspiration. Eröffnet wird mit einer Neu-Inszenierung der Oper Alcina von Georg Friedrich Händel. In der Titelrolle herrscht Cecilia Bartoli (herself!) als Zauberin über ein verzaubertes Land, das „Elysium der Lebenden“, eine Welt der befreiten Empfindung und Sinnlichkeit, des Genusses und der Lust, unbekümmert um das Gestern und das Morgen – bis eine Reihe von gezielten Täuschungen Keile des Misstrauens zwischen die Heldenfiguren treiben.
Philippe Jaroussky wird als Eroberer Ruggiero auf der Bühne stehen; Händel hatte die Rolle 1735 dem Kastraten Giovanni Carestini auf den Leib geschrieben.
Inszenierung: Damiano Michieletto, Gianluca Capuano dirigiert "Les Musiciens du Prince - Monaco".
Tags darauf folgt das damalige Konkurrenz-Stück zu Händels Werk – Polifemo von Nicola Porpora. Die musikalische Leitung dieser halbszenischen Aufführung wird George Petrou innehaben, es musizieren Armonia Atenea und der Bachchor Salzburg.
Max Emanuel Cencic singt nicht nur die Hauptrolle des Ulisse, sondern wird auch für die szenische Einrichtung verantwortlich zeichnen.
Problematische „Sopranisierung“
Beim Galakonzert Farinelli & Friends am Abend werden neben der Pfingst-Intendantin viele bekannte Opernstars Arien, Szenen und Duette von Händel, Porpora, Johann Adolph Hasse und Riccardo Broschi - dem Bruder von Carlo Broschi, der unter dem Künstlernamen Farinelli zum (Kastraten-)Opernstar des Barock aufgestiegen war - singen.
Der junge Carlo Broschi fiel schon als Kind durch sein musikalisches Gespür auf. Sein Stimmumfang umfasste mehr als dreieinhalb Oktaven. Um dieses Talent zu erhalten, wurde er im Alter von zehn Jahren operiert. Die Moderation des Abends hat Rolando Villazon übernommen.
Die Geschichte der Kastraten - deren tragische Grundlage in einem Podiumsgespräch mit Experten unter musikhistorischen, gesangstechnischen und medizinischen Aspekten beleuchtet und debattiert werden soll - wird im Konzertprogramm erweitert. Als cineastische Ergänzung ist der 1994 entstandene Film Farinelli - Il Castrato im "Das Kino" zu sehen.
Man mag sich fragen, wie das Leben von Menschen wie Farinelli oder Senesino verlaufen wäre, hätten sie nicht diese „unglaubliche Chance“ bekommen, die erfolgreichsten Sänger ihrer Zeit zu werden. Hätten sie ihr Dasein als Landarbeiter auf einem süditalienischen Feld gefristet? Wären sie vielleicht noch als Kinder an Hunger gestorben? Hätten sie geheiratet und glücklich und zufrieden gelebt? (Cecilia Bartoli)
Weiter werden außerdem Antonio Caldaras selten gespieltes Oratorium La morte d'Abel und das berühmte Stabat Mater von Giovanni Battista Pergolesi zu genießen sein, interessant die Gegenüberstellung der Aufführungen reflektorischer moderner Musik von Arvo Pärt und Giacinto Scelsi.
Abgeschlossen werden die Pfingstfestspiele 2019 mit einem ganz besonderen Auftritt: Cecilia Bartoli konnte den Päpstlichen Chor der Sixtinischen Kapelle - die Cappella Musicale Pontificia Sistina – für ein Konzert im Dom zu Salzburg gewinnen.
Das gesamte Programm der Pfingstfestpiele 2019 - 7. bis 10. Juni - in Salzburg und alle Details zu Tickets und Preisen finden Sie hier zum Download.
Ticket-Hotline: info@salzburgfestival.at bzw. +43 662 8045-500
Bewegende Klänge und hochinteressante historische Einblicke sind garantiert. Wir wünschen Ihnen ein prachtvolles Pfingst-Wochenende!