R.F. Azwanger: Andrea Glück-Kopp und Valerie Egelkraut-Kopp | © Foto Neumayr / Christian Leopold R.F. Azwanger: Andrea Glück-Kopp und Valerie Egelkraut-Kopp | © Foto Neumayr / Christian Leopold
Zurück zur Übersicht
© Foto Neumayr / Christian Leopold
Authentisch & Tradition Wilfried Kropp

R.F. Azwanger: Frischer Wind in alten Mauern

Ganz überraschend Verantwortung für eine Delikatessenhandlung zu übernehmen, die in der Salzburger Altstadt seit über 350 Jahren besteht, ist sowohl Bürde als auch Herausforderung. Die Schwestern Andrea Glück-Kopp und Valerie Egelkraut-Kopp haben sich mit jugendlichem Elan der Herausforderung gestellt und führen seit 2015 die Delikatessenhandlung R.F. Azwanger in der Salzburger Getreidegasse. 

Die beiden viel Esprit und gute Laune ausstrahlenden Frauen standen nach dem Tod ihres Vaters vor einem Berg schwieriger Aufgaben. Andrea war damals 35 Jahre und Valerie 31 Jahre alt. Zuerst mussten die organisatorischen Voraussetzungen für ein modernes Geschäft geschaffen, dann das Sortiment mit neuen Lieferanten und Produkten aufgefrischt werden. Später wurden Events für Stammkunden angeboten und – gerade aktuell – haben sie ein neues Geschäft am Universitätsplatz (Grünmarkt) eröffnet. Sie haben sich selbst eine umfangreiche Agenda gesetzt, die noch nicht abgearbeitet ist. 

Lange Geschichte

R.F. Azwanger blickt auf eine lange Geschichte zurück. Erstmals erwähnt wurde eine Faktorei und Süßwein-Handlung im Jahr 1656. Etliche Jahrzehnte später, also 1770, nutzte Raimund Felix Azwanger, der Namensgeber des Unternehmens, die Möglichkeit, die Rappoltersche Handlung in der Getreidegasse 15 zu kaufen und damit den Grundstein für das heutige Unternehmen zu legen.

R.F. Azwanger gehörte zu der kleinen Gruppe wohlhabender Salzburger Kaufleute, die neben dem Erzbischof die Geschicke der Stadt bestimmten. Die Familie Kopp übernahm 1919 das Unternehmen. Die jetzigen Geschäftsführerinnen Andrea Glück-Kopp und Valerie Egelkraut-Kopp sind die Töchter des 2014 verstorbenen Walter Kopp. 
 

6.000 verschiedene Produkte

Das Sortiment von Azwanger zu beschreiben, ist ein schier unmögliches Unterfangen. Rund 6.000 verschiedene Artikel werden auf nur 180 Quadratmeter Ladenfläche angeboten. Doch es gibt „rote Fäden“, die sich durchs Sortiment ziehen. Da ist zum einen ein Schwerpunkt bei den österreichischen Genussmitteln: Weine von Jurtschitsch, Brände von Guglhof und Rochelt, Wermut aus dem Salzburger Land, Gin aus Niederösterreich. Kaffee von heimischen Röstereien.

Pesti aus einer Manufaktur im Ausseerland. Handgefertigte Nudeln aus dem Innviertel. Ausgefallene Marmeladen und Chutneys von Jamsession aus Graz. Für die „Schoko-Süchtigen“ fungiert Azwanger zudem als einzige Anlaufstelle in Salzburg, die ein riesiges Angebot der Wiener Kult-Manufaktur Xocolat vorhält. Regionalität ist bei Azwanger daher kein Schlagwort, sondern wird täglich gelebt. 

Europäische Vielfalt

Das zweite Element, das Azwanger auszeichnet, heißt „europäische Vielfalt.“ Andrea Glück-Kopp hat dafür ein spezielles Händchen. Aktuell stellt sie in drei, von Rundbogen aus Konglomeratgestein eingefassten Fenstern im Durchgang zwischen Getreidegasse und Universitätsplatz Spezialitäten aus Frankreich, Spanien und Italien vor. Da werden dann selbstverständlich keine Produkte präsentiert, die es im Supermarkt gibt: Seltene Grappe aus Venetien, alte Cognacs aus Frankreich, Vermouths aus Spanien.

Die beiden Geschäftsräume an der Getreidegasse sind für entdeckungsfreudige Genießer ein Paradies. Hier liegen die farbenprächtigen Dosen mit den bretonischen Sardinen, dort stehen Gläser mit den seltenen marokkanischen Salzzitronen im Regal, daneben exotisch gewürzte Mayonnaisen aus England. Einen ganzen Raum nehmen Wein und Spirituosen ein. Auch hier gilt der Grundsatz, den Andrea Glück-Kopp so formuliert: „Wir wollen Produkte präsentieren, die man nicht an jeder Ecke kaufen kann.“

Ihre Schwester Valerie Egelkraut-Kopp ergänzt: „Wir kennen die Hersteller und brennen für unsere Produkte.“ Das ist vermutlich in der heutigen Online-Welt eines der Rezepte, mit denen sich Einzelhändler behaupten können: Sortimentsvielfalt kombiniert mit dem Fachwissen erfahrener Berater, die auch in der Lage sind, das Produkt zu beschreiben und die „Geschichte dahinter“ zu erzählen. 
 

Flair seit 600 Jahren

Ein weiteres Rezept, sich als hochwertigen Einzelhändler speziell in Salzburg zu profilieren, ist das Flair des Hauses, das substantiell unverändert seit 600 Jahren besteht: Die alten Regale und Kästen, das Kreuzgewölbe, die ausgetretenen Stufen aus dem roten Adneter Marmor bilden zusammen eine stimmungsvolle Einheit. „Zu uns kommen auch Leute, die einfach die Atmosphäre schätzen,“ sagen die Schwestern unisono. 

Zurück zu den Wurzeln

Dass sie aber auf jeden Fall vermeiden wollen, als Museum wahrgenommen zu werden, beweisen ihre neuen Aktivitäten: Ein Lagerraum, Expedit genannt, mit einer ganz eigenen, rauen Anmutung dient als Veranstaltungsraum, in den zu Verkostungen eingeladen wird. Fast immer sind Produzenten anwesend, die in geselliger Runde über ihre Produkte informieren.

Das jüngste „Baby“ ist aber das neue Geschäft am Universitätsplatz. Hier heißt das Motto „zurück zu den Wurzeln,“ weil dieses Geschäftslokal schon vor Generationen als Verkaufsraum für „Specereyen“ genutzt wurde. Das heutige Sortiment wurde um Schinken, Salami, Käse und selbstgemachte Aufstriche erweitert. Jetzt können Feinschmecker gleich im Laden Snacks zu sich nehmen und dazu ein Glas Wein trinken. 

In unmittelbarer Nachbarschaft des Azwanger-Hauses wurde 1756 Wolfgang Amadeus Mozart geboren. Andrea Glück-Kopp lacht: „Wir haben leider kein Dokument als Beweisstück gefunden, aber wir sind sicher, dass die Familie Mozart bei Azwanger gekauft hat. Bekanntlich war Wolfgang Amadeus allen Naschereien zugeneigt.“
 

Sie möchten über neueste Blog-Einträge per E-Mail informiert werden?
Dann melden Sie sich hier an.