Macht perfekte Messer: Ein Interview mit Richard Kappeller
Vom Holz zum Stahl – ein ungewöhnlicher Weg. Richard Kappeller hat ihn beschritten, um letztlich als Messermacher seine Meisterschaft beweisen zu können. Am Anfang stand seine Ausbildung am Holztechnikum in Kuchl, eher er der Faszination der Stahlbearbeitung erlag. Es ist gerade die harmonische Verbindung von sehr subtil gestalteten Griffen und funktional durchdachten Klingen, die sein Markenzeichen ist.
Der junge Mann, der fast immer schwarz gekleidet ist und sehr zurückhaltend auftritt, hat klare Vorstellungen von der Entwicklung seines Unternehmens: Schritt für Schritt, aber durchaus bereit, unternehmerische Risiken einzugehen. Zuerst kam die modern eingerichtete, großzügige Werkstatt in Gnigl, dann das puristisch gestaltete Geschäft in der Salzburger Getreidegasse. Jetzt steht die Expansion nach Wien bevor.
Wie kommt man zu so einem seltenen Beruf? War es die räumliche Nähe zu historischen Orten, die Kappeller dazu angeregt hat, als Quereinsteiger sich dem Handwerk des Messermachens zu widmen?
Eines der ersten Eisenmesser, die es überhaupt in der Menschheitsgeschichte gab, wurden in einem Gräberfeld bei Hallstatt gefunden, nur rund eine Stunde von Salzburg entfernt. Es gibt noch einen weiteren Heimatbezug: Am Rande seines Ausbildungsortes Kuchl befindet sich der Georgenberg, auf dem ebenfalls eisenzeitliche Spuren gefunden wurden. Richard Kappeller steht also in Nachfolge von Messermachern, die ganz in der Nähe vor vielleicht 6.000 Jahren lebten.
Es waren aber eher ästhetische und funktionale Aspekte, die für seine Entwicklung als Messermacher ausschlaggebend waren: „Es gibt so viele außergewöhnliche Hölzer und andere Materialien, die man als Messermacher verarbeiten kann. Und dann die Vielfalt von Einsatzmöglichkeiten. Das hat mich einfach fasziniert.“
Die Metallbearbeitung hat er sich weitgehend selbst beigebracht. Den Edelstahl bezieht hauptsächlich von Böhler aus dem steirischen Kapfenberg, der Damaststahl kommt aus Schweden. Für die Gravuren arbeitet er mit einem Graveur aus Kärnten zusammen. Die Bearbeitung des Leders für die Messerscheiden erfolgt im Haus.
Die Messergriffe, genauer gesagt die Materialien, die für die Griffe verwendet werden, sind Kappellers Spezialität.
Selbstverständlich führt er eine riesige Auswahl an Hölzern. Aber seine Wunderkammer enthält Vorräte, an die ein Laie nicht einmal im Traum denken würde: Wüsteneisenholz, das jahrzehntelang im Sand vergraben war. Mammutstoßzähne aus dem sibirischen Permafrost-Gebiet, mehrere tausend Jahre alt. Knochen von Giraffen und Büffeln. Bei besonders geschützten Arten wie etwa Elfenbein, Narwal oder Schildpatt wurden diese Einfuhren nach den Standards des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) zertifiziert.
In den einfachen Messern stecken rund 12 Stunden Arbeitszeit, in den komplexeren Exemplaren ein Vielfaches dieser Zeit.
Die Messer haben deshalb ihren Preis. Wer leistet sich solche Messer? Kappeller nennt zwei Kundengruppen, die außergewöhnliche, individuelle Messer schätzen: Jäger und passionierte Hobbyköche. Für diese anspruchsvollen Kunden nimmt sich Kappeller viel Zeit: Die Formen, die Materialien, die Bearbeitung, die Gravuren – alles wird besprochen. Der Weg von der Idee über den Entwurf bis zum fertigen Messer ist lang und deshalb entstehen in der Werkstatt auch nur rund 500 Messer pro Jahr.
Die Kappeller-Messer muss man in die Hand nehmen: Alles ist fein aufeinander abgestimmt, sie liegen gut in der Hand, weil die Gewichtsverteilung perfekt ist, sie sind ästhetisch. Aber Messer sollen ja nicht nur schön, sondern besonders schnittfähig sein und das heißt bei Richard Kappeller: Sie müssen auf den jeweiligen Verwendungszweck abgestimmt sein. Wer viel Gemüse schneidet, bevorzugt eine eher dünne Klinge; für Fleisch braucht man ein widerstandsfähiges Messer mit breiter Klinge. Ein Outdoor-Messer hat einen ganz anderen Aufbau als ein Messer für einen Jäger.
Sehr gut nachgefragt sind die Kurse, die Richard Kappeller meist am Wochenende anbietet. In seiner bestens ausgestatteten Werkstatt können die Teilnehmer unter seiner Anleitung in zwei Tagen ihr eigenes Messer herstellen.
Der Meister der Messer verlässt sich aber nicht ausschließlich auf sein Können. Gut geschützt steht in einer Ecke ein zwei Meter langer Stoßzahn eines Narwals. In früheren Zeiten hat man den Zahn als Horn des sagenumwobenen Einhorns gehalten. Kaiser und Könige bewahrten dieses kostbare Material auf, um sich vor Unheil zu schützen und Glück zu bringen. Und was macht Richard Kappeller mit dem „Einhorn“: „Erst einmal nichts, einfach als Glücksbringer aufbewahren.“